III.1.5.1 Sauerstoff
Die Entwicklung des Sauerstoffgehaltes in der Elbe wird im Planfeststellungsbeschluss unter 3.2.1.5b als "nicht beweissicherungsfähig" eingestuft. Anhand der veröffentlichten Daten der ARGE Elbe soll jedoch die Entwicklung mit den Prognosen der UVU verglichen werden.
Die nachfolgenden Abbildungen III.1.5.1-1 bis III.1.5.1-4 zeigen die Entwicklung der Sauerstoffverteilung in der Tideelbe vor, während und nach der Ausbaumaßnahme.
Abb. III.1.5.1-1: Längsprofile des Sauerstoffgehaltes in der Tideelbe im Juli der Jahre 1996-2001 und im August 2002 (auf Basis der monatlichen ARGE-Elbe-Hubschrauberbefliegungen)
Die Längsschnitt-Messungen im Juli der Jahre 1996 bis 2001 zeigen die räumliche Ausdehnung des "Sauerstofftals" in der Tideelbe (Abb. III.1.5.1-1). Dabei sind Sauerstoffgehalte unter 6 mg O2/l innerhalb eines Bereiches von Elbe-km 620 bis Elbe-km 670 zu beobachten. Im Jahr 2001 wurden die niedrigsten Werte aller sechs dargestellten Juli-Messkampagnen registriert; dabei traten oberflächennah Sauerstoffgehalte unter 3 mg/l auf.
Das Längsprofil des Sauerstoffs während des Hochwassers im August 2002 (26.8.02) stellte eine extreme Situation dar. Die gesamte Tideelbe ab Wehr Geesthacht bis km 710 wies nur geringe Sauerstoffgehalte von 2,3 - 4,3 mg O2/l auf.
Abbildung III.1.5.1-2 zeigt die zeitliche Entwicklung der Sauerstoffgehalte für sechs Messpunkte entlang der Tideelbe. In diesen oberflächennahen Einzelproben sind die relativ höchsten Sauerstoffgehalte an den von der Mittelelbe geprägten Stationen Geesthacht und Bunthaus zu beobachten. Stromabwärts zu der unterhalb des Hamburger Hafens gelegenen Station Neßsand war ein deutlicher Rückgang der Sauerstoffgehalte zu messen. Diese Station und die Station Lühesand wiesen jeweils im Sommer (1996-2002) Sauerstoffgehalte unter 6 mg/l auf; die Station Neßsand sogar Werte unter 4 mg/l. Die im Bereich des Trübungsmaximums der Elbe liegende Station Brunsbüttel und die vom Nordseewasser beeinflusste Station Gr. Vogelsand wiesen ganzjährig Sauerstoffgehalte zwischen 6,6 und 13 mg/l auf (Ausnahmen waren der durch das Hochwasser verursachte geringe Messwert im August 2002 an Station Brunsbüttel sowie der Messwert von 5,0 mg O2/l im August 2001 an Station Gr. Vogelsand), damit lagen die Gehalte im Bereich der temperaturabhängigen Sauerstoffsättigung.
Abb. III.1.5.1-2: Zeitliche Entwicklung (1996 bis 2002) der oberflächennahen Sauerstoffgehalte an verschiedenen Orten der Elbe (auf Basis der monatlichen ARGE-Elbe-Hubschrauberbefliegungen)
In Abbildung III.1.5.1-3 sind die täglichen Sauerstoffminima der beiden kontinuierlichen Messstationen Bunthaus und Seemannshöft im Zeitraum 1996 bis 2002 dargestellt. Die Daten veranschaulichen die starke Belastung des Sauerstoffhaushaltes in diesem Bereich der Tideelbe. So fallen oberhalb des Hamburger Hafens bei Bunthaus im Sommer die Tagesminima des Sauerstoffgehalts bis auf 2 mg/l (Juni 2000 und Juli 2001) ab. Noch geringere Gehalte waren bei Seemannshöft mit deutlichen Unterschreitungen des 2 mg/l-Wertes in den Sommermonaten der Jahre 1997 und 1999-2001 zu registrieren. Die langen Aufenthaltszeiten des Wassers und die ungünstigen Bedingungen (große Wassertiefen mit gering durchlichtetem Anteil) für den biogenen Sauerstoffeintrag durch Algen und die physikalische Wiederbelüftung begünstigen die sauerstoffzehrenden Prozesse und führen so zum Rückgang der Sauerstoffgehalte in diesem Bereich. Insbesondere die O2-Tagesminima an der Station Bunthaus zeigen von 1996 bis 2001 eine Tendenz zu immer niedrigeren Sauerstoffgehalten. Hierdurch wird eine zunehmende Belastung des Sauerstoffhaushaltes der Unterelbe angezeigt. Diese Tendenz schlägt sich auch in den geringen Sauerstoffgehalten der Sommermonate 1999 bis 2001 an der Station Seemannshöft nieder. Die kontinuierlichen Messungen an der Station Grauerort (Elbe-km 660,5) wiesen in den Jahren 1996 bis 2002 keine eindeutige Tendenz auf. Die Sauerstoffminima lagen immer, bis auf die Hochwassersituation im August 2002, über 4 mg O2/l (siehe Daten im Anlagenband).
Abb. III.1.5.1-3: Tagesminima des Sauerstoffgehaltes basierend auf den kontinuierlichen Messungen der ARGE-Elbe bei Bunthaus und Seemannshöft von 1996 bis 2002.
Die Abbildung III.1.5.1-4 zeigt die langfristige Entwicklung der Sauerstoffverteilung an der Wasseroberfläche. Nach einer Phase der Verbesserung der Sauerstoffgehalte in den Jahren 1991 bis 1997 ist seit 1999 ein Trend zu niedrigeren Sauerstoffgehalten zwischen km 620 und km 670 zu beobachten. Betrachtet man die kontinuierlichen Daten, wie in Abbildung III.1.5.1-3 geschehen, kann eine negative Entwicklung der Sauerstoffgehalte für den Bereich oberhalb des Hamburger Hafens schon ab 1997 belegt werden. Die Verschlechterung der Sauerstoffverhältnisse in der Tideelbe dürfte auch durch die hohe Primärproduktion in der Mittelelbe beeinflusst sein. Denn der mikrobielle Abbau dieser pflanzlichen Biomasse im Bereich des Hamburger Hafens verbraucht Sauerstoff und hat dadurch die sogenannte Sekundärbelastung in der Unterelbe ansteigen lassen.
Inwieweit auch ausbaubedingte Wirkungen seit 1997 mit Beginn der Durchführung der vorgezogenen Teilmaßnahmen die vorliegende Tendenz beeinflusst haben, ist aus den vorliegenden Daten nicht herauszuarbeiten. Für eine detaillierte Analyse ist die Quantifizierung der beteiligten Faktoren bzw. Prozesse notwendig, um so z. B. einen Einfluss der Ausbaumaßnahmen, wie etwa die Erhöhung der Wassertiefen oder die Veränderung der Wasseraufenthaltszeiten, gegenüber der im gleichen Zeitraum veränderten Belastung aus der Mittelelbe abzugrenzen. Zu der in der UVU getroffenen Aussage "Von den vorhergesagten nicht-signifikanten Konzentrationsänderungen aller gelösten Stoffe ist ebenfalls keine Beeinträchtigung zu erwarten" kann daher zurzeit noch nicht abschließend Stellung genommen werden.
Abb. III.1.5.1-4: Zeitliche Entwicklung der Sauerstoffverteilungen an der Wasseroberfläche 1953 bis 1999 (Quelle: Homepage der ARGE-Elbe -www.arge-elbe.de-)