Änderung der Umlagerungsstrategie
In Tideästuaren erfolgt eine Vermischung von fluvialen (= zum Fluss gehörigen, aus Erosion im Einzugsgebieten stammenden) und marinen Schwebstoffen und Sedimenten, wobei verschiedene Kornfraktionen unterschiedlich transportiert werden. Im Ästuar kommt es aus physikalischen Gründen zur Ausbildung einer sogenannten Trübungszone, in der erheblich höhere Schwebstoffkonzentrationen (und damit auch höhere Sedimentationsraten) als stromauf und stromab (= seeseitig) vorherrschen.
Die Transportmechanismen im Bereich der Trübungszone der Tideelbe zwischen Hamburg und Brunsbüttel sind bisher nicht bis ins Detail erforscht. Den aktuellen Stand der bisherigen Erkenntnisse geben die GKSS-Studie „Sedimenttransportgeschehen in der tidebeeinflussten Elbe“ (PDF, 7 MB, Datei ist nicht barrierefrei) sowie die BfG-Systemstudie II Tideelbe (PDF, 8 MB, Datei ist nicht barrierefrei) wieder.
Es ist jedoch mit Sicherheit davon auszugehen, dass in flutstromdominierten Bereichen der Tideelbe Stromauftransporte vorherrschen. Ein Stromabtransport erfolgt hier lediglich ausnahmsweise bei günstigen hydrologischen Randbedingungen, d.h. insbesondere bei hohen Oberwasserabflüssen.
Darstellung der BAW-DH - Längsprofil der Fahrrinne (3D Elbe Modell) mit flut- und ebbstromdominierten Bereichen (bezogen auf die maximalen Strömungen einer Tide, gemittelt über Spring-Nipp-Zyklus) - ebbstromdominierte Bereiche treten erst unterhalb des Störbogens auf (Für eine Vergrößerung bitte auf die Grafik klicken!) |
Aus diesem Grund wird im Zuständigkeitsbereich des WSA Hamburg unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der BfG-Systemstudie I (PDF, 14 MB, Datei ist nicht barrierefrei) seit 2006 eine geänderte Umlagerungsstrategie praktiziert. Ziel ist eine Durchbrechung von Sedimentkreisläufen. Durch die Umlagerung der im Amtsbereich gebaggerten Sedimente, überwiegend aus dem Bereich Wedel stammend, in stromab des Störbogens gelegene ebbstromdominierte Bereiche soll der mögliche Stromauftransport nach Umlagerung des Baggergutes verhindert bzw. verlangsamt werden. Aufbauend auf den Untersuchungen der BfG-Systemstudie II (PDF, 8 MB, Datei ist nicht barrierefrei) wird eine weitere Optimierung der von der Hamburg Port Authority (HPA) und der WSV praktizierten Umlagerungsstrategien angestrebt.
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Unterhaltungsbaggermengen im Bereich des WSA Hamburg (2008 und 2009 inkl. Herstellungsmengen Sedimentfang Wedel) – seit 2006 erfolgt die Umlagerung von Baggergut vorwiegend in stromab des Störbogens gelegene ebbstromdominierte Bereiche. |
BfG-Systemstudie I Tideelbe
Zur Bewertung der geänderten Umlagerungsstrategie wurde die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) mit der Erstellung einer Systemstudie zum WSV-Sedimentmanagement (BfG-Systemstudie I) (PDF, 14 MB, Datei ist nicht barrierefrei) mit Untertitel „Ökologische Auswirkungen der Umlagerung von Wedeler Baggergut“ beauftragt. Im Ergebnis empfiehlt diese Studie die Umlagerung von Feinmaterial aus dem WSV-Amtsbereich Hamburg (insb. Bereich Wedel) in einen Bereich zwischen der WSÄ-Amtsgrenze und Cuxhaven. Als Grund für die Entscheidung werden im Vergleich zur möglichen Umlagerung in weiter stromaufgelegene Flussabschnitte Vorteile hinsichtlich der Fachaspekte Sauerstoffhaushalt, Nährstoffhaushalt und Primärproduktion sowie Fischfauna genannt. Hinzu kommt die Reduzierung von Baggerkreisläufen und damit mittel- bis langfristig eine Verringerung von Baggermengen, die letztlich auch zu weniger ökologischen Beeinträchtigungen führt.
Nach Einschätzung der BfG ist bei einer verstärkten Umlagerung von Baggermengen in ebbstromdominierte Bereiche mit einer kaum messtechnisch erfassbaren Erhöhung der Belastung in seewärts der Verbringbereiche gelegene Sedimentationsräume zu rechnen. Die WSV führt eine kontinuierliche Schadstoffbeprobung an Schwebstoffprobenahmestellen sowie seit 2008 Probenahmekampagnen in ausgewählten Depositionsbereichen (Schwerpunkt Osteriff bis Rhinplatte, Entnahme von Sedimentkernen) der Tideelbe durch, um die Entwicklungen in den Sedimentationsräumen beurteilen zu können. Das Monitoring und zugehörige Ergebnisse sind im BfG-Bericht "Untersuchungen zur Dynamik von Feststoffen und feststoffgebundenen Schadstoffen für den Verbringbereich bei Elbe-km 688/690" (PDF, 4 MB, Datei ist nicht barrierefrei) sowie in den zugehörigen Auswirkungsprognosen für den Bereich Elbe-km 686 bis 690 beschrieben. Eine Lösung der Schadstoffproblematik ist nur mittels Sanierungsmaßnahmen im gesamten Elbeeinzugsgebiet möglich, wie sie im Sedimentmanagementkonzept der FGG Elbe (PDF, 22 MB, Datei ist nicht barrierefrei) vorgesehen sind; ergänzende Informationen zum Thema Schadstoffe finden sich u.a. im Strombau- und Sedimentmanagementkonzept Tideelbe (PDF, 601 KB, Datei ist nicht barrierefrei) unter "Maßnahmen zur Verbesserung der Sedimentbelastung" sowie auf den Internet-Seiten des behördenübergreifenden Projektes „Schadstoffsanierung Elbesedimente – ELSA“ .
Auswirkungsprognosen nach GÜBAK
Nach Inkrafttreten der „Gemeinsamen Übergangsbestimmungen zum Umgang mit Baggergut in Küstengewässern (GÜBAK)“ (PDF, 669 KB, Datei ist nicht barrierefrei) , die in Abstimmung zwischen BMVBS, BMU, WSV und Küstenländern zum Ende 2009 verabschiedet wurden, erfolgten alle anstehenden Überarbeitungen für Verbringstellen stromab von Elbe-km 683 unter Einbeziehung dieser Bestimmung.
Entsprechend wurde zu Anfang 2012 eine Auswirkungsprognose (PDF, 10 MB, Datei ist nicht barrierefrei) nach den GÜBAK für die Umlagerung von Baggergut im Bereich Elbe-km 686 bis 690 vorgelegt. Hierin werden Baggergutbeschaffenheit und Umlagerungsstellen auf Grundlage von in 2008 bis 2010 durchgeführten Probenahmekampagnen charakterisiert, aktuelle Modellrechnungen der BAW diskutiert und das 2008 begonnene Überwachungsprogramm in ausgewählten Depositionsbereichen fortgeschrieben. Eine Aktualisierung der Auswirkungsprognose erfolgte zum Juni 2017 (GÜBAK 686/690 (PDF, 10 MB, Datei ist nicht barrierefrei) ).
Außer im Bereich des Elbe-km 686 bis 690 wird Feinmaterial aus dem Fahrrinnenbereich der Tideelbe derzeit nur noch im Bereich des Elbe-km 730 bis 740 umgelagert. Hierzu liegt eine „Auswirkungsprognose für die Umlagerung von Baggergut aus dem Abschnitt Osteriff auf die Verbringstelle VS738 in der Außenelbe“ (PDF, 2 MB, Datei ist nicht barrierefrei) vom Oktober 2013 sowie eine Fortschreibung „Auswirkungsprognose für die Unterbringung von Baggergut im Verbringstellenbereich VSB 730/740 in der Außenelbe (PDF, 10 MB, Datei ist nicht barrierefrei)“ vom Mai 2017 vor.
Für die Umlagerung sandigen Baggerguts sind nach den GÜBAK (PDF, 669 KB, Datei ist nicht barrierefrei) lediglich Untersuchungen zum Makrozoobenthos und zur Fischbiologie erforderlich. Hier wurden und werden WSV-seitig umfangreiche Monitoringmaßnahmen bzw. Untersuchungen durchgeführt. Als ein Ergebnis zeigen die zahlreichen Untersuchungen der BfG, dass im Mündungstrichter der Tideelbe natürliche Umlagerungsprozesse wesentlich größeren Einfluss auf Benthos- und Fischbiologie haben als die seitens der WSV in diesem Bereich durchgeführten Baggermaßnahmen.
BfG-Systemstudie II Tideelbe
Anfang 2012 wurde die BfG seitens WSV und HPA mit der Erarbeitung einer weiteren „Systemstudie Sedimentmanagement Tideelbe – Schwerpunkt Feinsedimente“ (PDF, 8 MB, Datei ist nicht barrierefrei) beauftragt. Während, wie oben skizziert, in der ersten BfG-Systemstudie eine Bewertung der ökologischen Auswirkungen der Umlagerung von Wedeler Baggergut im Mittelpunkt stand, steht in der Systemstudie II die Bewirtschaftung der bei der Wassertiefenunterhaltung in der gesamten Tideelbe anfallenden Feinsedimente im Fokus. In der Studie werden derzeitige Unterhaltungsstrategien von HPA und WSV umfassend beschrieben sowie Optimierungspotentiale und Zielkonflikte wie auch Wissenlücken und –defizite aufgezeigt.